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Besuch in der Ortenau: Themenabend Lithiumgewinnung am Oberrhein

Chancen und Risiken in Ohlsbach diskutiert

Der FDP-Kreisverband Ortenau und der TEMOpolis e.V. aus Ohlsbach hatten vergangenen Donnerstag zu einem Liberalen Forum in das Zukunftsmuseum in Ohlsbach eingeladen. Thema des Abends waren „Chancen und Risiken von Lithiumgewinnung mit Tiefengeothermie in der Ortenau“. Als Gäste konnten neben dem hiesigen FDP- Bundestagsabgeordneten Martin Gassner-Herz, auch der FDP-Landtagsabgeordnete Daniel Karrais sowie Vertreter der Firma Vulcan Energie aus Karlsruhe begrüßt werden. Das Unternehmen stellte sich und deren Vorhaben vor. Karrais ist im Landtag von Baden-Württemberg Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Es hatten sich ca. 40 Interessierte eingefunden, darunter der stellvertretende Vorsitzende, der „Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie in der Ortenau“, Ralf Kuderer.

Zu Beginn der Veranstaltung wurde dem kürzlich verstorbenen Vorsitzenden des TEMOpolis e.V., Hans-Peter Schemitz, gedacht. Frank Leonhardt würdigte das große Engagement von Schemitz für den Verein und seine Leidenschaft für Technik und Zukunftsthemen. Anschließend eröffnete der FDP-Kreisvorsitzenden Johannes Baier. Im Hinblick auf die aktuellen politischen Entwicklungen in der Ukraine und dem Klimawandel verwies Baier auf den politischen und gesellschaftlichen Willen sich von fossilen Energieträgern zu verabschieden. „Wenn wir aufhören wollen für unsere Energieerzeugung Dinge zu verbrennen sind Alternativen gefragt“, so Baier und weiter „Oft wird mir in Debatten erklärt welche Form der Energieerzeugung wir nicht wollen und aus welchen Gründen, selten aber welche stattdessen“. Für die Elektromobilität verwies er auf die Notwendigkeit von Batterien und damit verbunden von Lithium. „Wir haben bereits Batteriehersteller in der Region, z.B. in Willstätt. Die regionalen Automobilhersteller und auch -zulieferer sind jedem bekannt. Es besteht also für die Ortenau die Chance die gesamte Wertschöpfungskette, von der Rohstoffgewinnung, über die Batterieproduktion und der Automobilindustrie abzubilden“, so Baier. Auf der Gegenseite stünden aber auch möglichen Risiken insbesondere von Erdbeben und anderen Umwelt- und Sachschäden. Auch die Wirtschaftlichkeit würde öfters in Frage gestellt. Er rief daher zum Austausch auf: „Der heutige Abend ist dazu gedacht Informationen auszutauschen, Transparenz zu ermöglichen und Fragen zu diskutieren“, so Baier.

Im Folgenden stellte die Firma Vulcan Energie, vertreten durch Uwe Künzel, Elke Zimmermann sowie Ralf Jann das Unternehmen und dessen Vorhaben vor. Künzel ist zuständig für kommunale Angelegenheiten und die Geologin Elke Zimmermann als Regional- und Projektleiterin für die Erkundung. Das Unternehmen ist in mehrere Gesellschaften aufgeteilt und hat nach eigenen Angaben derzeit ca. 70 Mitarbeiter. Gründer sind die Geologen Dr. Horst Kreuter und Dr. Francis Wedin. Das Unternehmen betreibt mittlerweile ein Geothermiewerk im rheinland-pfälzischen Insheim, das von einem kommunalen Betreiber übernommen wurde. Insgesamt gäbe es in der Bundesrepublik ca. 35 vergleichbarer Anlagen, jedoch ohne Lithiumgewinnung. Künzel verwies in seinem Vortrag darauf, dass aktuell 80 % der weltweiten Lithiumproduktion von China kontrolliert wird. In der Ortenau plane man die Lithiumgewinnung über Thermalwasser. „Im Oberrheingraben besteh die Anomalie, dass man eine hohe Konzentration von bis zu 180 mg/l Lithium bei einer Wassertemperatur von bis zu 180° C habe. Das in einer für Tiefengeothermie relativ erdnahen Schichten von ca. 3.500m.“, so Künzel. Man könne das warme Wasser zur Energiegewinnung in Form von Strom und Wärme nutzen, damit den Gewinnungsprozess des Lithiums betreiben und sogar überschüssige Energie bereitstellen. Die entsprechenden Anlagen hierfür hätten die Größe eines landwirtschaftlichen Betriebs.

Künzel ging in seinem Vortrag ebenso auf die Bedenken bezüglich möglicher Erdbeben und den negativen Erfahrungen, aktuell in Zusammenhang mit den Bohrungen im französischen Vendenheim ein. „Die behördlichen Sicherheitsauflagen in Deutschland sind sehr hoch, was wir begrüßen. Beim dortigen Projekt hat man jedoch nachweislich gegen Auflagen verstoßen. Jeder in der Branche ärgert sich über das dortige Vorgehen, da es Vertrauen zerstört“, so Künzel. Anders als dort gäbe es keine Bohrung in die Bergsteinschichten aus Granit. Man sei auf poröseres Gestein angewiesen, das höhere Durchflussraten ermöglicht und daher seien wesentlich geringere Drücke erforderlich und es müsse nicht seismisch aufgebrochen werden. Grundwasserschäden wären durch eine mittlerweile vorgeschriebene doppelte Ummantelung ausgeschlossen.

Elke Zimmermann ging näher auf das derzeitige Vorhaben der Erkundung ein. „Für uns unerlässlich ist eine solide Datenbasis, denn wir müssen wissen wo die Standortbedingungen ideal sind. Die letzten Daten dazu sind sehr alt, aus der Zeit der Erdölerkundung der 70er und 90er Jahre“, so Zimmermann. Heutiger Stand der Technik sei die 3D-Seismographie. Dazu würden in einem engen Raster Geophone in die Erde gesteckt, mittels so genannten Vibro-Trucks definierte Vibrationen ausgelöst und durch die Geophone erfasst. Diese verblieben dann noch 4 bis 6 Wochen in der Erde, um die natürliche Seismik aufzunehmen. Damit könne ein exaktes 3D Bild des Untergrundes entstehen, was Grundlage für die weitere Entscheidungen sei.

Der FDP-Landtagsabgeordnete Daniel Karrais verwies in seinem Vortrag darauf, dass 50% des Energiebedarfs in Deutschland für Wärmegewinnung verwendet würden. Auch im Hinblick auf die Pariser Klimaziele stelle die Tiefengeothermie eine Chance für die Energiegewinnung ohne Co2 dar. „Im Oberrheingraben gibt es einen Schatz, der mit Geothermie gehoben werden kann. Diese Chance sollte die Region nutzen, um unabhängiger vom Energieimport zu werden und vor allem kostengünstige Wärme und Energie zur Verfügung zu stellen. Um intelligent die Klimaziele erreichen zu können, muss technologieoffen gedacht werden. Das Ziel muss sein, dass dort investiert wird, wo mit einem Euro so viel Klimaschutz wie möglich erreicht wird. Darum ist die Idee charmant, Lithium ohne Umweltschäden zu gewinnen und gleichzeitig Strom oder Wärme zu erzeugen.“, so Karrais.

In der anschließenden Debatte wurden mehrere technische Rückfragen zu den Plänen gestellt. Zudem wurden Sorgen geäußert. Die Risiken seien durch andere Projekte bekannt und immer wären diese im Vorfeld klein geredet worden. Kuderer kritisierte insbesondere das ca. 600 geschädigte der vergangenen Erdbeben bisher auf ihren Kosten sitzen bleiben und es keine Entschädigung durch das französische Unternehmen oder Unterstützung der Landesregierung erhalten hätten. „Die Politik lässt hier die Bürger im Stich. Meine Empfehlung wäre, dass man eine Bürgerabstimmung durchführt und die Entscheidung den Bürgern überlässt. Mir fehlen hier die Gesprächsangebote aus der Politik“, so Kuderer. Die Abgeordneten Martin Gassner-Herz und Daniel Karrais, aber auch das Unternehmen Vulcan zeigte sich offen für Gespräche. Künzel stellte jedoch klar, dass die Firma Vulcan nicht für Projekte anderer in Verantwortung gezogen werden kann, verwies auf erfolgreiche Tiefengeothermieprojekte und den Ideen des Unternehmens zur möglichen Schadensregulierung.

Das Schlusswort hatte der FDP-Bundestagsabgeordnete Martin Gassner-Herz. „Bei der Bahntrasse hat unsere Region schon einmal bewiesen, wie gute Lösungen gelingen, wenn sich Bürger kritisch, aber produktiv einbringen um ein Großprojekt zu begleiten. Mit einem guten, frühzeitigen Dialog aller Beteiligten sollten wir das auch beim Thema Geothermie beweisen.“

Das TEMOpolis Zukunftsmuseum hat ab sofort wieder jeden Sonntagnachmittag geöffnet und sucht noch Unterstützung. Infos unter www.temopolis.de

 

Gruppenfoto v.l.n.r.: Frank Leonhardt (Mitglied und Organisator TEMOPolis), Ralf Jann (Kommunikation und PR Vulcan), Uwe Künzel (Kommunale Angelegenheiten Vulcan), Elke Zimmermann (Regional und Projektleiterin Vulcan), Daniel Karrais (Landtagsabgeordneter WK Rottweil FDP), Johannes Baier (Kreisvorsitzender FDP Ortenau)