,

Karrais: Gesundheitsversorgung in der Region stärker in den Blick nehmen

Die Gesundheitspolitik von Bund und Ländern ist aktuell in jederlei Hinsicht interessant. Daniel Karrais, FDP-Landtagsabgeordneter, informierte sich daher bei Thomas Brobeil, dem Geschäftsführer des Vinzenz von Paul Hospital, über aktuelle Herausforderungen.

Das wohl dickste Brett, neben Corona, das Brobeil und andere Geschäftsführer im Gesundheitsbereich aktuell zu bohren haben, nenne sich Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie, kurz PPP RL. Diese Richtlinie lege, so der Gedanke dahinter, geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Qualität in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen fest. Hierin werde definiert, wie die Einrichtungen personell ausgestattet sein müssen, um eine entsprechend qualifizierte Versorgung anbieten zu können. „Sollten wir diese Mindestanforderungen, zum Beispiel auf Grund von Krankheitsausfällen oder erhöhtem Patientenaufkommen, nicht erfüllen, ist es uns laut Richtlinie nicht gestattet, zu behandeln,“ so Brobeil. Der Geschäftsführer macht das Absurde daran deutlich: „Wir sind Pflichtversorger. Wird uns ein Patient gebracht, können wir nicht einfach sagen, dass wir ihn nicht behandeln, weil wir womöglich ansonsten die Personalrichtline nicht einhalten.“ Insbesondere die mit der Richtlinie einhergehenden Sanktionen und den enormen Bürokratieaufwand kritisiert Brobeil scharf: „Die steigende Bürokratie ist das eine, aber diese Richtlinie symbolisiert für mich das Misstrauen von der Regierung in uns Einrichtungen. Das in der Richtlinie vorgegeben Nachweisverfahren ist kaum zu toppen.“ Brobeil fürchte sich vor dem Tag, an dem Menschen auf Grund von Nichteinhaltung der Formalien nicht mehr versorgt werden können. Mit solchen Richtlinien sorge man jedoch dafür, dass der Tag näherkomme. Brobeil ergänzt: „Nach meiner Einschätzung geht es hier nicht nur um Qualitätssicherung, sondern um Strukturbereinigung unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung“.

Ein weiteres Anliegen, das Brobeil adressierte, sei die öffentliche Wahrnehmung der psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen während der Pandemie. Während in Medienberichten oft die Auslastung der Intensivstationen thematisiert wurde, seien die Zentren für Psychiatrie quasi überhaupt nicht auf der Bildfläche aufgetaucht. „Dabei waren wir insbesondere in der zweiten Welle der Pandemie vor allem in den geschlossenen Bereichen sehr belastet und haben viele Corona-Patienten versorgt,“ schilderte der Geschäftsführer des Vinzenz von Paul Hospital die angespannte Lage. Was Brobeil zudem frustrierte, war die Diskussion über die Einweisung von Quarantäneverweigerern in die Zentren für Psychiatrie. Verärgert berichtet Brobeil, der auch Mitglied im Landeskrankenhausausschuss ist: „Personen mit psychischen Problemen wird selbstverständlich geholfen, aber es kann doch nicht angehen, dass wir Leute betreuen sollen, die sich dem Staat widersetzen. Wir sind doch kein Gefängnis, in das man Leute abschiebt, die sich nicht so verhalten, wie man es gerne hätte.“ Inzwischen habe das Land spezielle Einrichtungen für dieses Problem bestimmt.

Dass auch die psychischen Belastungen durch den Lockdown zugenommen haben, merke man auch im Vinzenz von Paul Hospital ganz deutlich. Kurzarbeit und der Verlust des Jobs führen vermehrt zu Existenzängsten. Hinzu komme, dass die meisten seit nun gut einem Jahr ihre Kontakte auf ein Minimum heruntergeschraubt hätten, was ohne Zweifel zur Vereinsamung führe. Dies zeige sich auch deutlich an der steigenden Zahl der zu betreuenden Patienten. Für den FDP-Landtagsabgeordneten Daniel Karrais zeige dieser Bericht einmal mehr, dass man den Lockdown und die daraus resultierenden Folgen nicht kleinreden dürfe.

Für Karrais habe die Pandemie deutlich gemacht, dass unser Gesundheitssystem insgesamt gut aufgestellt sei, besonders im Vergleich zu anderen Ländern. Dennoch müsse man dringend darauf achten, den Gesundheitssektor auch als Arbeitsfeld attraktiv zu halten. Der Fachkräftemangel mache unterdessen auch vor der Rottweiler Einrichtung kein Halt. „Es ist ein ganz großes Thema Ärzte zu gewinnen, diese dann aber vor allem auch zu halten,“ erklärte Brobeil. Insbesondere die Nähe zur Schweiz bringe hier einige Hürden mit sich. „Der Fachkräftemangel in der Pflege ist ein spürbares Problem, für welches schnellstmögliche Lösungen im Sinne der Pflegekräfte gefunden werden müssen,“ so Karrais. Für den Rottweiler Landtagsabgeordneten steht fest: „Wir müssen die Arbeitsbedingungen insgesamt verbessern. Wir brauchen weniger Bürokratie und mehr Zeit für die Pflege und Zuwendung am Menschen.“