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Klimawende in der Energiewirtschaft

Umweltausschuss diskutiert Zuverlässigkeit der Stromversorgung

 

Der Ausschuss für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hat in seiner Sitzung am 17. Februar 2022 auf Antrag der FDP/DVP über die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Stromversorgung in Baden-Württemberg diskutiert und sich zudem auf Anträge der SPD sowie FDP/DVP mit Maßnahmen zum Hochwasserschutz im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms (IRP) befasst, erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Daniel Karrais (FDP/DVP).

 

Ob Ausbau der E-Mobilität, erhöhter Einsatz von elektrischen Wärmepumpen oder auch die zunehmende Digitalisierung: „In den nächsten Jahren wird der Bedarf an Strom aller Voraussicht nach weiter ansteigen“, berichtete der Ausschussvorsitzende Karrais. Der zukünftige Bedarf sei in den vergangenen Jahren zu gering eingeschätzt worden. Die Bundesregierung gehe nun davon aus, dass sich der Bruttostrombedarf von Deutschland im Jahr 2030 in einer Spanne zwischen 680 und 750 Terawattstunden (TWh) bewegen würde. 2020 lag der Bruttostromverbrauch noch bei 545 TWh.

Gleichzeitig sei der Ausstieg aus den fossilen Energien sowie der Atomenergie geplant. So solle beispielsweise bis spätestens Ende des Jahres 2038 die Erzeugung elektrischer Energie durch den Einsatz von Kohle beendet sein. Dies wurde von den Fraktionen Grüne, CDU, SPD sowie FDP/DVP als Teil der Energiewende als richtiger Schritt bezeichnet.

Die Mitglieder des Umweltausschusses waren sich Karrais zufolge jedoch einig, dass es eine große Herausforderung sei, eine ausschließlich klimaneutrale Energieversorgung zu leisten. „Es gibt noch keine konkreten Zahlen, wie viel Produktionskapazitäten durch Wind-, Sonnen- und Gaskraftwerke zu welchem Zeitpunkt benötigt werden, um die Klimaziele des Landes zu erreichen,“ erklärte der Vorsitzende. Eine entsprechende Studie sei derzeit in Arbeit. Im Ausschuss wurde nun auf Antrag der FDP/DVP debattiert, wie trotz der bekannten Umstände die Stromversorgung sichergestellt werden könne und inwiefern sie zuverlässig sei. Nach Aussagen von Karrais teilte das Ministerium mit, dass sich das Versorgungsystem durch einen steigenden Anteil an erneuerbaren Energien anpassen müsse. Windenergie- und Solaranlagen würden keine konstanten Strommengen liefern. „Der Strommarkt wird immer dynamischer. Entsprechend muss das Netz ausgebaut und auch neue Formen der dezentralen Speicherung von Strom bedacht werden“, erklärte Karrais. Um die wetterabhängigen Schwankungen auszugleichen, sei neben zusätzlichen Speichern vor allem der überregionale Ausgleich durch den Ausbau der Netzinfrastruktur notwendig. Eine Schlüsselrolle würde es spielen, die so genannte Residuallast zu decken. Darunter verstehe man die nachgefragte elektrische Leistung abzüglich der Einspeisung von schwankungsanfälligen Erzeugern wie z. B. Windenergie- oder Photovoltaikanlagen. Um dies zu erreichen, sei übergangsweise der Umbau von Kohlekraftwerken in gasbefeuerte Kraftwerke notwendig, die nach und nach auf die Nutzung von Wasserstoff umgestellt werden könnten. „Es ist erforderlich, dass auch Gaskraftwerke neu errichtet werden, um die Stabilität des Stromnetzes sicherzustellen,“ fasste Karrais die Erkenntnisse zusammen.

Nun ginge es darum, schnell Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, da man nur so schnell genug sein könne, um die Ziele zu erreichen. Es gehe kein Weg am Ausbau der erneuerbaren Energien vorbei. So sei es das Ziel, dass bis in die 30er-Jahre der Großteil der Stromversorgung damit abgedeckt werden könne, was aus Sicht des Ministeriums ambitioniert aber möglich sei.

Wie Karrais berichtete, beriet der Ausschuss auf Anträge der SPD sowie FDP/DVP außerdem über Maßnahmen zum Hochwasserschutz im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms (IRP). Aufgrund bilateraler Vereinbarungen zwischen Deutschland und Frankreich im Jahr 1988 hatte Baden-Württemberg die Entwicklung des IRP beschlossen. Nach Auskunft des Vorsitzenden würden sich die Gesamtinvestitionskosten für das Integrierte Rheinprogramm auf insgesamt rund 1,72 Mrd. Euro belaufen.

Die Fraktionen seien sich in der Sitzung über die Notwendigkeit und Bedeutung eines optimalen Hochwasserschutzes einig gewesen. Wichtigste Maßnahme des Programms sei der Bau von Hochwasserrückhalteräumen, der von den Abgeordneten ebenfalls begrüßt wurde, da er den Menschen und der Natur in der Region etwas zurückgeben würde.

Kritisch hinterfragt wurden hingegen bestimmte Ausgleichsmaßnahmen für die Hochwasserrückhalteräume. Dazu zählten z. B. ökologische Flutungen, Wildkorridore, die Sicherung von Habitatbäumen oder auch die Anlage von Haselmausbiotopen. Nach Aussagen von Karrais erklärte das Ministerium, dass solche Ausgleichsmaßnahmen zum Tragen kämen, wenn durch geplante Hochwasserrückhalteräume erhebliche Beeinträchtigungen von Schutzgütern, Lebensräumen und/oder Arten festgestellt würden, sofern Vermeidungs-, Minderungs- oder Schadenbegrenzungsmaßnahmen nicht möglich seien.

Mögliche Auswirkungen von ökologischen Flutungen u.a. auf die Tier- und Pflanzenwelt oder auch auf die Land- und Forstwirtschaft seien in der Sitzung kontrovers diskutiert worden, so Karrais. Das Ministerium entgegnete, dass ökologische Flutungen zur Entwicklung wertvoller auenähnlicher Lebensgemeinschaften führen würden. Diese neuen Lebensräume kämen zudem optimal mit Hochwassersituationen zurecht. Mit dem Programm gehe man nach Aussagen des Ministeriums in die richtige Richtung. „Ein Ausgleich der Interessen von Hochwasser- und Naturschutz sowie der Bevölkerung vor Ort muss stetig neu gefunden werden,“ fasste Karrais zusammen.