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Pflegeausbildung im Kreis Rottweil

Der Zustand der Pflege ist ein immer wieder diskutiertes Thema, bei dem es offensichtlich viel Handlungsbedarf gibt. Angesichts des demografischen Wandels und des medizinischen Fortschritts wird die Zahl der Pflegebedürftigen in Zukunft stark ansteigen. Bereits heute besteht in der Pflege ein Fachkräftemangel. Seit Anfang des Jahres startete in Baden-Württemberg die generalistische Pflegeausbildung, wodurch alle angehenden Pflegekräfte in den ersten beiden Jahren der Ausbildung die gleichen Inhalte erlernen.

Die schwierige Situation, besonders im Bereich der Altenpflege, brachte den FDP-Landtagsabgeordneten Daniel Karrais dazu, sich in einer Anfrage an die baden-württembergische Landesregierung über die Situation der Pflegeausbildung im Kreis Rottweil (Pflegeausbildung im Landkreis Rottweil, Drucksache 16/8759) zu informieren.

Erschreckend sei die Diskrepanz zwischen Schülern, die eine Ausbildung im Pflegebereich beginnen und vorzeitig abbrechen, stellt Karrais nach Erhalt der Antwort von Sozialminister Manne Lucha fest. So haben im Ausbildungsjahr 2015/2016 214 Auszubildende ihre Lehre im Bereich der Gesundheits-/ und Krankenpflege begonnen. 2018/2019 haben jedoch nur 23 Auszubildende die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, also etwas mehr als jeder Zehnte. Zudem mache die Antwort deutlich, so Karrais, dass nicht jede Einrichtung und jeder Träger im Landkreis Rottweil nach dem generalistischen Modell ausbilden wolle. Da es die alten Ausbildungsberufe nicht mehr gebe, gehe das mit einem Verlust an Ausbildungsplätzen im gesamten Pflegebereich einher. „Das verschärft den Fachkräftemangeln und den Druck auf die Beschäftigten zusätzlich,“ befürchtet der Rottweiler Abgeordnete. Die Gründe hierfür seien verschieden und im Einzelnen nicht bekannt, so das Sozialministerium. Neun der im Landkreis Rottweil nach dem Pflegeberufegesetz ausbildenden Einrichtungen entsenden ihre Auszubildenden an Pflegeschulen außerhalb des Landkreises, so das Sozialministerium.

Für den Rottweiler Landtagsabgeordneten Daniel Karrais, der in den letzten Wochen unter anderem mit verschiedenen Sozialstationen sowie der Liga der freien Wohlfahrtspflege im Austausch war, sei klar, dass sich in Sachen Pflegeausbildung dringend etwas ändern müsse. Pflege sei mittlerweile mit einem enormen bürokratischen Aufwand verbunden und die Personalnot führe zu schwierigen Situationen für das Personal, bekam Karrais oft zu hören. Das schrecke viele Interessierte bereits im Vorfeld ab eine Ausbildung zu beginnen oder zu beenden. „Leider hat die Zeit am Menschen abgenommen, da Pflegemitarbeiter immer mehr mit den Folgen ihrer Arbeit im juristischen Sinne konfrontiert werden, was zu einem immer größer werdenden Dokumentationszwang führt,“ so Karrais. Dass das für Auszubildende nur wenig attraktiv sei, müsse man verstehen. Zudem müsse man immer Angst haben, welche rechtlichen Schritte auf einen zukommen könnten. Der FDP-Politiker fordere keineswegs schlampigeres Vorgehen bei der Dokumentation. Dennoch wünsche er sich, dass man hier beispielsweise auf digitale Methoden zurückgreife.

Karrais, der digitalpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, erklärt: „Mit Tablet Lösungen könnten Fachkräfte und Auszubildende beispielsweise ein vorgefertigtes Protokoll lediglich durch einfaches Ankreuzen ausfüllen. Alles Weitere könnte in einem Kommentarfeld ergänzt werden.“ Die Sozialstation Oberndorf mache vor, wie es funktioniert durch eine smarte Unterstützung mit digitalen Dokumentationssystemen, die Arbeitsqualität zu verbessern und vor allem für den Klienten mehr Zeit aufbringen zu können. „Leider verhaken sich die Verbände auf Landesebene mit den Pflegekassen und dem Sozialministerium dabei, sich auf Standards zu einigen und die Digitalisierung in der Pflege voranzutreiben,“ ärgert sich Karrais. Dabei gebe es Beispiele, wie es gehen könne und das nicht nur im Kreis Rottweil, sondern auch in Europa.

Karrais und seine Fraktion sehen die Reform hin zur generalistischen Ausbildung kritisch. Durch die wenigen Einrichtungen, die im Kreis Rottweil generalistisch ausbildeten, sehe er sich zudem in der Kritik bestätigt. Die große Gefahr sei, so Karrais, dass Ausbildungskapazitäten verloren gehen. „Wir sehen die generalistische Ausbildung eher als Ergänzung, aber keineswegs als Ersatz für die spezifischen Bildungswege im Pflegebereich,“ berichtete der FDP-Landtagsabgeordnete.