Vom Landtag in die Praxis- Wenn Abgeordnete in die Pflege schnuppern
Sulz am Neckar. Landtagsabgeordneter Daniel Karrais im Praktikum bei der „Otte Pflege GmbH“
Jedes Jahr bieten der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) und der Bundesverband der Dienstleistungswirtschaft (BDWi) interessierten Politikern „Praktika“ in Pflegeeinrichtungen an. Im Rahmen dieser Initiative besuchte der Landtagsabgeordnete Daniel Karrais aus dem Kreis Rottweil die Pflegeeinrichtung „Otte Pflege GmbH“ in Sulz am Neckar. Im Jahr 1990 als Pflegeheim von Geschäftsführerin Barbara Otte gegründet, hat sie die Einrichtung ständig weiterentwickelt und den Bedürfnissen der Menschen und den immer neuen Gesetzen angepasst. Im Jahr 2006 hat die Gründerin und Geschäftsführerin das Pflegeheim geschlossen und sich der ambulanten Pflege verschrieben. Analog zu den Öffnungszeiten der Kita vor Ort bietet die „Otte GmbH“ die Tagespflege an. „Mit 45 Mitarbeitern sind wir quasi ein mittelständischer Betrieb,“ meint Barbara Otte.
Neben der Tagespflege, Hauswirtschaftshilfe und ambulanter Pflege bietet Otte zwei Senioren-WG´s für sechs bis acht Bewohner an, die ambulant betreut werden. „Durch das gemeinsame Leben in der WG können die Bewohner einfach soziale Kontakte pflegen. Das Zusammenleben der unterschiedlichen Leute klappt dabei sehr gut,“ berichtet Otte.
Nach einem Rundgang rückten im persönlichen Gespräch die besonderen Herausforderungen der Pflege in den Fokus: Absehbare Versorgungslücken, die steigenden finanziellen Belastungen der pflegebedürftigen Menschen oder die schwierigen Rahmenbedingungen für private Pflegeunternehmer, wie beispielsweise die ungenügende Berücksichtigung des unternehmerischen Risikos in den Pflegesatzverhandlungen. „Die steigenden bürokratischen Hürden sind ein Problem für Pflegebedürftige und Angehörige. Viele sind mit der Antragsflut überfordert und auch die Pflegedienste müssen viel Verwaltungsarbeit leisten,“ kritisiert Otte zusätzlich. Die Bürokratie sei ein starker Kostentreiber und führe dazu, dass Zeit am Menschen verloren gehe, so Otte.
Auch die kommende generalistische Pflegeausbildung, die die Ausbildung für Kranken- und Altenpfleger vereinheitlicht, nannte die Geschäftsführerin als Herausforderung: „Die generalistische Ausbildung ist der Genickbruch für die Altenpflege, da gerade Krankenhäuser in den Ballungsgebieten die wenigen Bewerber auf dem Markt für sich gewinnen werden“, befürchtet Otte. Dies sei in Zeiten von Fachkräftemangel und ständig steigendem Pflegebedarf wegen der demographischen Entwicklung der falsche Weg.
Daniel Karrais zeigte großes Verständnis für die Sorgen der Einrichtung. Er sagte zu, die gesammelten Erfahrungen nach Stuttgart mitzunehmen und resümierte: „Der Arbeit mit Menschen kommt immer noch nicht der Stellenwert zu, den sie verdient. Wichtig ist, dass für die eigentliche Arbeit Zeit bleibt und Bürokratie auf ein Mindestmaß reduziert wird. Hier kann auch eine sorgfältig durchdachte Digitalisierung helfen,“ meinte er abschließend und verwies auf die Pflege-Enquete-Kommission des Landtags in der letzten Legislaturperiode, in der sich das Land intensiv mit den Themen beschäftigt habe.