Wird eine Muschel zum Risiko für 4 Mio. Menschen in BaWü?

Der Lake Michigan in den USA ist ihrem Schicksal bereits erlegen. In nur 15 Jahren hat sie das komplette Ökosystem zerstört. Die anderen Seebewohner gehen im wahrsten Sinne des Wortes an ihr zu Grunde.

Was nach einem tödlichen Bakterium oder einer giftigen Chemiekalie klingt, stellt sich tatsächlich als eine invasive Muschelart heraus – die Quaggamuschel. In Baden-Württemberg hat sie sich das nächste Opfer gesucht – den Bodensee.

 

Warum ist die Muschel ein Problem?

Die Quaggamuschel pflanzt sich in rasanten Tempo vor. Sie frisst Plankton und entzieht damit anderen Seebewohnern die Nahrungsgrundlage. Keine Plankton = keine Fische, die Plankton fressen = keine Vögel, die Fische fressen usw. So bringt die Quaggamuschel das Ökosystem Stück für Stück aus dem Gleichgewicht. Im Lake Michigan macht sie heute 95% der Biomasse aus.

Sie hat keine natürlichen Fressfeinde. Bloß wenige Wasservögel fressen sie nahe der Wasseroberfläche. Die Muschel lebt aber auch in den Tiefen des Bodensees – da kommt kein Vogel hin.

Muscheln filtrieren das Wasser – daher ist auch eine chemische Bekämpfung schwierig. Und selbst wenn sich ein Mittel finden sollte – das würde nicht nur die Quaggamuschel umbringen.

 

Eine Gefahr für das Trinkwasser?

Der Bodensee ist Trinkwasserquelle für 4 Mio. Menschen in Baden-Württemberg. Wie ich kürzlich bei einem Besuch beim Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung erfahren durfte, stellt die Quaggamuschel die hiesige Wasserversorgung vor riesige Herausforderungen. Das Trinkwasser wird aus einer Tiefe von etwa 60 Metern entnommen. Dort ist nun auch die Muschel. Sie setzt sich also an den Gerätschaften fest. Die Larven werden mit dem Wasser in die Leitungen getragen. So setzt sich die Muschel in den Rohren fest und vermehrt sich schichtweise.

 

Was kann man tun?

Der Zweckverband hat Anpassungen getroffen. Die Gerätschaften werden vor der Ausbreitung der Muschel geschützt. Öfter reinigen, größerer Leitungen, spezielle Filter, neue Reinigungsmethoden. Aktuell ist die Muschel noch keine Gefahr für die Trinkwasserqualität – aber diese Folgekosten liegen im dreistelligen Millionenbereich.

Das ist aber alles nur Symptonbekämpfung. Gegen die Ausbreitung der invasiven Art kann man eigentlich nichts machen. Das ist leider die traurige Realität. Was den Lake Michigan eingeholt hat, blüht auch dem Bodensee.

 

Wie kam die Muschel in den Bodensee?

Die Muschel kommt eigentlich nicht im Bodensee vor. Sie ist ursprünglich im Schwarzmeerraum beheimatet. Mittlerweile hat sie sich weit in Europa und bis nach Nordamerika verbreitet. Im Bodensee wurde sie 2016 entdeckt. Sie wurde vermutlich über Boote oder Wasserausrüstung eingeschleppt, die nicht gründlich gereinigt wurden. Eventuell haben auch Vögel sie „importiert“. Genau weiß man es aber nicht.