Bürokratie und kleinteilige Sektorziele hemmen Wirtschaft und Klimaschutz

Die FDP/DVP-Fraktion fordert von der Landesregierung einen sofortigen klimapolitischen Kurswechsel hin zu einer konsequenten Innovationspolitik. Daher hat die Fraktion eine Aktuelle Debatte zum Thema im Landtag eingebracht. Der klimapolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion Daniel Karrais erklärt:

„Grün-Schwarz verspielt mit Klimasymbolpolitik die politische Glaubwürdigkeit der selbst ernannten ‚Klimakoalition‘. Die Regierung scheitert krachend bei ihren Klimazielen und das mit Ansage durch den eigenen Klima-Sachverständigenrat. Bei der Reduktion der Treibhausgas-Emissionen hechelt Baden-Württemberg dem Bundesdurchschnitt hinterher. Bei den Klima-Versprechungen hingegen belegt es den Spitzenplatz. In Ermangelung an Regelungskompetenz reicht es nur für ein Sammelsurium an Klima-Klein-Klein, während wichtige Rahmenbedingungen nicht geschaffen werden. In dieser wirtschaftlichen Lage ist es fahrlässig, nicht auf Innovationspolitik zu setzen.

Baden-Württemberg ist nicht auf einer Insel im Klima-Ozean, sondern Teil eines Nationalstaats und eines Kontinents. Darum ist es unsinnig, eigene noch ambitioniertere Klimaziele wie die des Bundes oder der EU zu setzen, die man dann ohnehin nicht erreicht. Der Klimaschutz ‚auf Teufel komm raus‘ schafft ein wachstums- und innovationsfeindliches Umfeld, wodurch sich zuletzt sogar Green Tech-Firmen gegen den Standort Baden-Württemberg entschieden haben. Dabei kann das Land nur durch Innovation und Technologie Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden. Für einen fortschrittlichen Klimaschutz muss sich die Landesregierung ehrlich machen. Sie muss dem Bund folgen, sich von kleinteiligen Sektorzielen verabschieden und klimapolitische Maßnahmen in die nationale Zielsetzung einbetten. Mit einer konsequenten Innovationspolitik gelingt es, den Klimaschutz von morgen zu gestalten.

Der Schwerpunkt muss auf dem Ermöglichen von Investitionen in Klimaschutztechnologien liegen und nicht auf einem möglichst kleinteiligen Klima-Maßnahmen-Register. Wir brauchen einen engagierten Einsatz für Ansiedlungen von innovativen Firmen, den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft und die Nutzung der Potentiale der Erneuerbaren Energien wie der Tiefen Geothermie. Das Land muss an einer eigenen Carbon-Management-Strategie arbeiten, anstatt untätig auf den Bund zu verweisen. Grün-Schwarz ist in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen so zu schaffen, dass die Wirtschaft eine Chance hat, global zu mehr Klimaschutz beizutragen. Wir brauchen Investitionen in den Aufbau von Green-Tech-Industrien und positive Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Schafft das Land diese Trendumkehr nicht, wird das ‚Klimaschutzland Nr. 1‘ Baden-Württemberg keine internationalen Nachahmer finden. In Indien und China rauchen dann die Schlote, während man sich bei uns an unrealistische Ziele in einem Gesetz klammert und hofft damit im Alleingang das Klima zu retten.“

Die FDP-Landtagsfraktion hatte am vergangenen Montag zu einem Expertengespräch zum Thema „E‑Fuels: Kraftstoff für Klimaschutz“ ins Autohaus Schmid nach Rottweil geladen. Bei der gut besuchten Veranstaltung im Vorführraum des Autohauses diskutierten unter der Moderation von Christian Jung, dem verkehrspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, mehrere Experten und Politiker über das brandaktuelle Thema.

FDP-Fraktionsvorsitzender Hans-Ulrich Rülke stellte in seiner Begrüßung heraus, dass es gute Gründe gebe, weshalb seine Fraktion auf E‑Fuels setze. Neben der Sicherung der individuellen Mobilität der Zukunft und des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg spräche auch die Schaffung einer Perspektive für Klimaschutz im Fahrzeugbestand dafür. Er betonte, dass die FDP den Elektroantrieb nicht verhindern wolle, sondern die verschiedenen Möglichkeiten technologieoffen weiterentwickeln und freigeben wolle.

In der Diskussion mit den geladenen Experten wurde schnell klar, dass eine einseitige Fokussierung auf E-Mobilität nicht der richtige Weg sei. Markus Jäger, Geschäftsführer des Autohauses Schmid, berichtete, dass die Preise für E-Autos aktuell immer noch sehr hoch seien und es zudem im Gebrauchtwagenmarkt kaum E-Fahrzeuge gebe. Grund sei, dass es im Gegensatz zu Neufahrzeugen keine Förderung gebe. Auch würden viele E-Fahrzeuge nach Skandinavien verkauft.

Für ihn und die restlichen Gesprächsteilnehmer war klar, dass ein Verbot von Verbrennerfahrzeugen unrealistisch sei. Es müsse in der Klimafrage auch eine Antwort für bereits vorhandene Fahrzeuge geben. „Allein in Deutschland gibt es aktuell rund 48,8 Millionen Verbrenner, weltweit knapp 1,4 Milliarden“, erklärte der FDP-Abgeordnete Friedrich Haag. Eine Lösung für diese Fahrzeuge sei daher dringend notwendig, um sie auch nach 2035 weiter betreiben zu können. Denn laut Jürgen Zieger, Geschäftsführer Zentralverband des Tankstellengewerbes e.V., seien im Jahr 2040 noch 32 Millionen Verbrennerfahrzeuge im Verkehr zu erwarten. Man müsse daher technologieoffen denken und alle Varianten zur CO2-Reduktion im Blick behalten. Dies betonte auch Martin Schmidt, von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg. Derzeit würde Technologieoffenheit aber vor allem durch den regulatorischen Rahmen erschwert.

Einigkeit herrschte unter den Gesprächspartnern, dass E-Fuels eine Chance für die klimafreundliche Nutzung der Verbrenner-Bestandsflotte sein können. Eine weitere vielversprechende Lösung stelle HVO-Diesel („Hydrotreated Vegetable Oil“) dar, ein klimafreundlicher Dieselkraftstoff, der aus biologischen Rest- und Abfallstoffen hergestellt wird. Es können alle Diesel-Motoren mit HVO betrieben und damit die CO2-Emissionen um bis zu 90 Prozent gesenkt werden, erklärte Zieger. Erlaubt sei laut Landespolitiker Haag bislang lediglich eine Nutzung in geschlossenen Nutzerkreisen mit Betriebstankstelle, aber nicht im freien Verkauf. Haag sicherte zu, dass sich seine Partei für eine rasche Marktzulassung einsetze. „Wenn alles gut läuft könnte die Zulassung für HVO100, bereits im Frühjahr 2024 kommen“, so der Stuttgarter.

Michael Dittert, Geschäftsführer der Oel-Heimburger GmbH, berichtete, dass man HVO bereits jetzt beispielsweise an den Bauhof der Stadt Rottweil liefere. „Wenn es bestellt wird, können wir auch liefern“, so der Rottweiler Mineralölhändler. Bei nur knapp 10 bis 12 Cent mehr Kosten als bei herkömmlichem Diesel, könne der Kraftstoff ein vielversprechender Ersatz sein. In anderen Ländern würde dies bereits umgesetzt, so Dittert. In Südamerika sei beispielsweise Bioethanol bereits in Verwendung, wusste Marco Warth, Entwicklungsleiter Motorensysteme und -komponenten bei der MAHLE GmbH, zu berichten, die weltweit über 150 Standorte betreibt.

Im abschließenden Fazit der Diskussion stellte Daniel Karrais heraus, dass alle Alternativen zum Klimaschutz genutzt werden müssen. „Klar ist, dass wir zum Erreichen der Klimaziele technologieoffen denken und nach praktikablen Lösungen suchen müssen. Nur so können wir Klimaschutz und Mobilität unter einen Hut bringen.“ Diese Ideologiefreiheit fehle in der deutschen Politik, so Karrais. „Wichtig ist, dass wir Mobilität für den ländlichen Raum mitdenken. Was in Stuttgart funktioniert, ist für unseren Landkreis noch lange keine gute Lösung,“ fügte er in Bezug auf die lokalen Begebenheiten hinzu. „Wir als FDP werden daher weiterhin an unserer Forderung festhalten, alternative Kraftstoffe schnellstmöglich für den Markt zuzulassen,“ schloss Karrais und bedankte sich bei den knapp 50 aufmerksamen Zuhörern.

Bei Imbiss und Getränken wurde im Anschluss noch weiter mit den Experten und FDP-Landtagsvertretern diskutiert.

Brauchen Kurswechsel in Richtung Innovationspolitik für mehr Klimaschutz

Anlässlich der heutigen Vorstellung des Gutachtens des Kima-Sachverständigenrates der Landesregierung sagt der klimapolitische Sprecher Daniel Karrais:

„Die Regierung Kretschmann III verfehlt krachend und mit Ansage ihr Schwerpunktthema für die Legislaturperiode. Kretschmann und Grün-Schwarz haben fertig. Klimaneutralität bis 2040 klingt gut, ist aber Augenwischerei, um grüne Zielgruppen zufrieden zu stellen. Die Landesregierung verzettelt sich im Klima-Klein-Klein und lässt wichtige Hebelprojekte, wie die Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS) oder die tiefe Geothermie links liegen. Als Vorbild für gelungenen Klimaschutz dienen wir so nicht.
Das Gutachten der Sachverständigen bestätigt unsere Kritik. Die selbst ernannte ‚Klima-Koalition‘ betreibt Klimasymbolpolitik und schadet damit der Glaubwürdigkeit des Staates, ohne Nutzen für das Klima. Wichtige Investitionen in den Aufbau von Green-Tech-Industrien und das Schaffen von positiven Rahmenbedingungen für die Wirtschaft bleiben aus. Als Hochtechnologie-Land lösen wir die Klimaprobleme der Welt nur, indem wir unser Know-How für neue Technologien anwenden. Darum brauchen wir einen Kurswechsel hin zu einer konsequenten Innovationspolitik.

Es ist unsinnig, sich auf Sektorziele zu versteifen, bei denen das Land kaum Regelungskompetenz hat. Das zeigt eindrücklich die miserable Zielerreichung durch Verkehrsminister Hermann. Für einen fortschrittlichen Klimaschutz im Land muss die Landesregierung dem Bund folgen und sich endgültig von Sektorzielen verabschieden zu Gunsten eines Gesamtzieles der Klimaneutralität. Es geht darum, so viel CO2einzusparen, wie möglich. In welchem Sektor das stattfindet, interessiert das Klima nicht. Der Renaturierung von Mooren und der Aufforstung kommt eine wichtige Rolle zu, bei der die Landesregierung hinter den Erwartungen bleibt. Wir brauchen praktische Lösungen, statt komplexe Auflagen, die schön klingen, aber nur ausbremsen.

Die Landesregierung ist dem Parlament eine Antwort zur verfehlten Klimapolitik schuldig, daher werden wir sie im Parlament damit konfrontieren.“

„Die Energiekrise hat uns schwer getroffen“

Dem Unternehmen Whirlpools World One GmbH in Deißlingen-Lauffen stattete FDP-Landtagsabgeordneter Daniel Karrais vor kurzem einen Besuch ab. Mit Geschäftsführer Otmar Knoll sprach er über die aktuelle Lage und die Entwicklungen der letzten Jahre.

Seit 2013 gibt es den Standort des Whirlpool-Fachhandels in Deißlingen-Lauffen, an dem derzeit rund 70 Mitarbeitende beschäftigt sind. Knoll legte bei der Führung Wert darauf, dass der „Luxus Whirlpool“ durch hohe Effizienz auch mit den Klimazielen vereinbar sei. Von einer besonderen Dämmung über die Möglichkeit des Anschlusses an eine Wärmepumpe bis zur hocheffizienten Pumpe habe man rund 100 Alleinstellungsmerkmale, die Wettbewerber nicht hätten, aber auch den Preis rechtfertigten. „Wir lassen uns immer wieder etwas Neues einfallen – Innovation pur,“ charakterisierte Knoll die Firmenphilosophie. Dieser Innovationsgeist imponierte Karrais, der im Landtag vor allem für die Zukunftsthemen Digitalisierung und Klima zuständig ist. Mittlerweile sind auch bei den Whirlpools viele Funktionen digitalisiert. „Nur vom Touchpad sind wir wieder abgekommen, da die Bedienung mit nassen Fingern schwierig ist,“ scherzte Knoll und stellte Karrais die Displays mit herkömmlichen Knöpfen vor.

Als Umweltausschussvorsitzender lobte Karrais besonders, dass das Unternehmen sehr energie- und ressourcensparend daherkommt. „Unternehmer haben eine hohe Verantwortung nachhaltig mit Ressourcen umzugehen. Nur so sind Wachstum und Klimaschutz möglich und das einzig sinnvolle Ziel“, stellte Karrais klar. Ein Anliegen Knolls, Strom von benachbarten Freiflächen-PV-Anlagen bei Deißlingen zu beziehen, ließe sich aber nicht realisieren, da dies rechtlich nicht erlaubt sei. Dies stieß auch bei Landespolitiker Karrais auf Unverständnis: „Bei solchen Regeln müssen wir dringend nachbessern. Es muss möglich sein, den von Anlagen in der Nähe erwirtschafteten Strom direkt zu verwenden.“

Besonders getroffen wurde das Unternehmen zuletzt durch die Energiekrise. „Im vergangenen Jahr hatten wir erhebliche Einbußen. Erst seit April laufen die Geschäfte wieder besser,“ erzählt Knoll. Nun verfolge er die Diskussionen um das Heizungsgesetz mit Besorgnis. Hier konnte Karrais beruhigen: „Die FDP hat das Heizungsgesetz um 180 Grad gedreht. Niemand muss eine funktionierende Heizung rausreißen. Nur wer eine neue Heizung braucht oder will hat je nach örtlichen Begebenheiten mehr oder weniger Möglichkeiten. Die Wärmepumpenpflicht ist vom Tisch.“

Zum Abschluss des Austauschs zog Karrais ein positives Fazit: „Innovation und Qualität sind die Markenzeichen von Baden-Württemberg. Wichtig ist, dass der Staat die Rahmenbedingungen für den Standort so gestaltet, dass es Unternehmen möglich ist, sich zu entfalten“. Dass es dabei hohen Nachbesserungsbedarf gibt, vertieften Knoll und Karrais im weiteren Gespräch.

 

Foto: FDP-Landtagsabgeordneter Daniel Karrais (re.) im Gespräch Otmar Knoll (li.), Geschäftsführer der Whirlpools World One GmbH in Deißlingen-Lauffen.